WeberWorldCafé
Mo 28 Apr 2014 | 17:30–20:00

Bürger, Blogger, Botschafter: neue Medien und Akteure in der Diplomatie des 21. Jahrhunderts

In Kooperation mit der Max Weber Stiftung – Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland

Pantheon Casino, Bundeskanzlerplatz 2-10, 53113 Bonn


Blog
Pressemitteilung

Das erste WeberWorldCafé fand am 28. April 2014, 17:30-20:00 Uhr, im Pantheon Casino Bonn, zum Thema »Bürger, Blogger, Botschafter: Neue Medien und Akteure der Diplomatie des 21. Jahrhunderts« statt.

Es wurde sich auf die Frage konzentriert, inwiefern sich die diplomatische Bühne und ihre Akteure durch das Web 2.0 verändert haben, und in Anbetracht der derzeitigen weltpolitischen Lage war dieses Thema äußerst aktuell. Nicht nur im Zuge des »Arabischen Frühling« spiel(t)en neue Medien wie soziale Netzwerke eine wichtige Rolle. Ein Beispiel der vergangenen Monate waren die – mittlerweile wieder aufgehobene – Twitter-Sperre in der Türkei oder die Enthüllungen um den US-amerikanischen Militärgeheimdienst NSA.

Mit der Brisanz dieser digitalen Verwicklungen ist die klassische Diplomatie allerdings längst nicht überholt, birgt für sie aber in diesem unseren Jahrhundert neue Herausforderungen.

Länder entsenden nach wie vor DiplomatInnen. Jedoch spielen seit einigen Jahren Kulturbotschafter eine sukzessiv wichtigere Rolle, die entscheidend zum Bild einer Gesellschaft in anderen Ländern beitragen. Sie zählen zu den sogenannten »weichen Faktoren«, die die Attraktivität und Glaubwürdigkeit politischer und kultureller Werte auf die Stellung von Staaten bzw. Regierungen in den internationalen Beziehungen beeinflussen. Die Rolle dieser »weichen Faktoren« wurde in der Vergangenheit von der westlichen Politikwissenschaft gerne unterschätzt. Stattdessen meinte man, Macht alleine an materialistischen, »harten Faktoren«, wie militärischer Stärke oder Wirtschaftskraft festmachen zu können.

Auch der »Public Diplomacy« wird eine immer größere Bedeutung zugesprochen. Im Gegensatz zur klassischen Diplomatie, das heißt der Führung internationaler Beziehungen auf der Ebene staatlicher Institutionen, richtet sich die Public Diplomacy an die allgemeine Öffentlichkeit jenseits des eigenen Staatsgebiets. Durch diese Ausrichtung erlangen auch die vielen nichtstaatlichen Akteure (wie NGOs, Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen), die über die Grenzen ihres Heimatlandes hinaus wirken und die große Bevölkerungsteile häufig besser erreichen als die verhältnismäßig kleine Zahl der Berufsdiplomaten, einen höheren Stellenwert. Gleichzeitig haben sich durch die digitale Revolution die Möglichkeiten vervielfacht, dass einzelne oder Gruppen von Kulturschaffenden, WissenschaftlerInnen oder JournalistInnen und andere nichtstaatliche Akteure sich auch ohne die Unterstützung institutioneller oder bürokratischer Strukturen global vernetzen und Debatten beeinflussen können.

Das Internet gestattet eine Partizipation der BürgerInnen jenseits von Regierungsgesprächen und Cocktailpartys, zu denen sie normalerweise keinen Zugang haben. Gleichzeitig bietet es staatlichen RepräsentantInnen neue Möglichkeiten, mit Menschen in anderen Ländern Kontakt aufzunehmen. So haben zum Beispiel die US-amerikanische und die britische Regierung soziale Medien bereits zu einem wichtigen Bestandteil ihrer außenpolitischen Kommunikation gemacht. Daneben eröffnet das Internet auch für Staaten mit geringeren technischen und finanziellen Ressourcen zahlreiche Chancen. Durch die neuen Medien haben heute mehr Menschen als je zuvor Zugang zu (regierungs-)kritischen Informationen und öffentlichen Debatten. Phänomene wie der »Arabische Frühling« erlangen ihre Brisanz nicht zuletzt durch die Echtzeit-Kommunikation beteiligter ProtagonistInnen über die Grenzen von Nationalstaaten und Sprachgemeinschaften hinaus. Versuche, soziale Medien als schlichte PR-Maschinen staatlicher Institutionen zu instrumentalisieren, erscheinen von diesem Hintergrund langfristig wenig erfolgversprechend.

Diese Überlegungen machen deutlich, dass das Internet und insbesondere das Web 2.0 die globale diplomatische Bühne grundlegend verändern. Regierungen können den Informationsfluss nur noch bedingt kontrollieren und bewegen sich in ihrem ehemaligen »Hoheitsbereich« nun in einem unüberschaubaren Netz von Akteuren. Die Globalisierung und der technische Fortschritt bewirken, dass Diplomatie heute bedeutet, eine aufgrund wachsender Komplexität zunehmend in einzelne Fachbereiche aufgesplitterte Lebenswirklichkeit im jeweiligen Gastland zu repräsentieren. Die Internationalisierung der Fachpolitiken führt dazu, dass Auslandsvertretungen immer mehr zum Knotenpunkt werden, die ein filigranes Netzwerk von staatlichen und nichtstaatlichen FachvertreterInnen im Ausland zusammenbringen und orchestrieren müssen – ohne dabei den Anspruch oder auch nur die Kapazitäten zu haben, die Interessen des Entsendestaates exklusiv zu repräsentieren bzw. in allen Diskursen selbst immer führender Experte zu sein.

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