Rechtskulturen
2011/ 2012

Gijs Kruijtzer

The Ethics of Exception: Attitudes Towards Rules and Individual Judgement in the Persianate and Latinate Worlds in the Early Modern Period (1300-1700)

Gijs Kruijtzer ist Historiker mit einem Blick für Kunstgeschichte, Sozialpsychologie und globalen Vergleich. Er studierte Geschichte an der Universität Leiden, der Delhi University und University of Arizona und war wissenschaftlicher Mitarbeiter am Oxford Centre for Islamic Studies und an der Yale University. Sein 2009 erschienenes Buch Xenophobia in Seventeenth-Century India bringt eine große Anzahl neuer Belege zum Tragen – von Miniaturmalereien und Steinreliefs bis zu verschiedenen schriftlichen Quellen, darunter persische Chroniken, Dichtung in Urdu und europäische Reiseberichte und Aufzeichnungen. In seinem Buch kommt er zu der Schlussfolgerung, dass die Identitätserfahrung im Südasien der Frühmoderne sich nicht so sehr von derjenigen in der Moderne unterschied, wie es oft behauptet wird, auch wenn die Grenzen entlang unterschiedlicher Linien gezogen wurden.

The Ethics of Exception: Attitudes Towards Rules and Individual Judgement in the Persianate and Latinate Worlds in the Early Modern Period (1300-1700)

Kruijtzers aktuelles Projekt „Die Ethik der Ausnahme: Der Umgang mit Regeln und individuellem Urteil in den persianaten und latinaten Kulturräumen der Frühmoderne (1300–1700)“ vergleicht den Teil der christlichen Welt, in dem Latein die gemeinsame Schriftsprache war (West- und Mitteleuropa), mit jenem Teil der islamischen Welt, in dem Persisch die Lingua franca höfischer Eliten war (Iran, Zentral- und Südasien). In beiden Regionen ließen sich die in der moralischen Autorität heiliger Schriften begründeten Regeln nicht immer mit individuellem Leben vereinen. Das daraus entstehende Spannungsfeld ist Gegenstand der Untersuchung. Welche Strategien waren verfügbar, um Regeln zu entgehen, und wie haben sich diese Strategien im Lauf der Zeit entwickelt? Und wie beurteilten Zeitgenossen die unterschiedlichen Strategien? Die Studie soll aktuelle Diskussionen über die Anwendung von Regeln und individuellem Urteil bereichern, da das uneinheitliche und widersprüchliche Erbe der Zeit von 1300–1700 noch immer in beiden untersuchten Weltregionen relevant zu sein scheint.